Montag, 20. Juli 2015: Bryce Canyon City – Torrey

Früh! Stück

Wir sind in Utah, was bedeutet, dass wir bereits eine Zeitzone weiter östlich sind als noch in Las Vegas. Ausserdem lässt das Jetlag langsam aber sicher nach. Deshalb sind wir heute erst um 05:30 Uhr wach. Im Hotel gibt’s ab 06:30 Uhr Frühstück. Wir nehmen’s deshalb gelassen und bleiben noch etwas liegen und packen gemütlich unsere Koffer. Hier übrigens die vormals erwähnte Olaf-Decke, die jetzt jeden Nacht im Einsatz ist, damit sich niemand die Decke teilen muss.

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Wir verstauen die Koffer schon mal im Auto, und räumen das Zimmer, so dass wir nach dem Frühstück gleich losfahren können.

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Wir haben für heute den Plan, über den Scenic Highway 12 bis nach Boulder zu fahren, von dort aus dann den Burr Trail und die Notom Bullfrog Road nach Norden bis in den Capitol Reef National Park zu ruckeln und dann am Ende in Torrey zu übernachten. Dummerweise hat es die ganze Nacht geregnet in den Bergen und wir wissen nicht, wie der Zustand der genannten Strecken ist, vermuten aber, dass wir den Offroad-Teil des Plans beerdigen können.

Blick aus dem Hotelzimmer…

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Beim Frühstück diskutieren wir Alternativen. Das Frühstücksbuffet ist übrigens ausgezeichnet. Es gibt sogar richtiges Geschirr.

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Am Weg zwischen Bryce Canyon und Escalante liegt der Kodachrome Basin State Park. Wir werden diesem Park spontan einen Besuch abstatten. Spontan heisst hier: Ich hab‘ keine Ahnung, wie’s dort aussieht, keine Pläne studiert, keine Wanderungen rausgesucht.

Kodachrome Rabbits

Was ich über den Park weiss, ist dass der Name tatsächlich vom Diapositiv-Film der Firma Kodak abgeleitet ist.

Auf dem Weg entdecke ich einen Hasen mitten auf der Strasse. Ich bin nicht sonderlich schnell unterwegs und kann ohne heftig zu bremsen anhalten. Der Hase hüpft auf die linke Strassenseite, gerade so, als würde er mich vorbeifahren lassen. Na gut, fahr‘ ich langsam rechts am Hasen vorbei. Denkste! Der Hase hüpft immer schön im Abstand von 4-5 Metern vor dem Auto her, allerdings schön brav am linken Strassenrand. Erst nachdem ich immer schneller fahre wird es ihm irgendwann zu bunt und er verzieht sich in die Büsche.

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Was für ein Erlebnis, mein erster Hase in den USA, und das beim 15. Besuch in diesem Land. Aber das sollte es noch nicht gewesen sein. Je näher wir dem State Park kommen, desto häufiger hoppeln Hasen und Kaninchen aller Grössen kreuz und quer über die Strasse… ja und auch ein paar Plattgewalzte liegen da rum. Jonas lässt ganz locker Sätze vom Stapel wie „Da war einer ohne Kopf“ oder „Oh, genau in der Mitte durch“. Es tönt jetzt vielleicht etwas makaber, aber wir müssen grinsen, dass ausgerechnet unser Hasen-Fan mit solchen Sprüchen daherkommt.

Mit der Zeit fahre ich nur noch Schritttempo, weil es hunderte von den Viechern gibt die irgendwo im Gebüsch nur darauf warten, mir vor die Karre zu hüpfen. Aber ich schaffe es, ohne einem Tierchen ein Haar zu krümmen. Am Parkeingang sprechen wir den Ranger auf die Hasen an und er meint nur lapidar: „Ja, von denen gibt’s hier tausende. Macht euch keine Sorgen, falls ihr einen erwischt habt.“ Und er erzählt noch eine Anekdote: Eine Touristin sei mit ihrem weissen Auto eine Offroad-Strecke im Park gefahren und das Auto sei deshalb eigentlich rot eingestaubt gewesen. Ausser eine Stelle an der Türe, wo ein Hasenabdruck ganz klar sichbar gewesen sei, weil so ein Jackrabbit mit vollem Tempo gegen die Tür gehüpft sei.

Der Ranger ist generell wohl unterbeschäftigt, denn er quasselt und quasselt und freut sich, dass jemand zuhört. Wir sind wohl die einzigen Besucher heute.

Wir fahren erst mal zum Chimney Rock, einem einsamen Felsturm in der Prärie. Der Weg dahin ist nicht geteert, aber sehr gut in Schuss.

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Auf dem Rückweg sehe ich einen weiteren Abzweiger in’s Irgendwo und folge dem mal. Hier ist die Strasse aber schon einiges schlechter und ich kehre nach ein paar Meilen um, weil der Boden auch noch feucht ist und ich etwas Bedenken habe, stecken zu bleiben. Aber bis hierher war auch schon ganz schön abenteuerlich zu fahren, also wieder einmal „Adventure!“.

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Wir fahren in den hinteren Teil des Parks, wo alles geteert ist und beschliessen, eine kurze Rundwanderung zu unternehmen. Der „Nature Trail“ ist relativ kurz aber trotzdem sehr schön.

Mein erster Eindruck hier: Ein Hase am Trailhead Parkplatz.

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Auf der kurzen Wanderung haben wir’s mal wieder sehr lustig. Keine Ahnung woher das kommt, muss die Höhe sein.

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Unser Auto hat auch schon seine ersten Offroad-Sporen abverdient.

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Wir verlassen den State Park, denn wir haben ja noch einen langen Weg vor uns. Hier könnte man noch viel mehr Wandern, aber für einen Spontanbesuch reicht uns das Gesehene vollauf.

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Üble 12

Auf dem Rückweg vom Park zum Hwy 12 begegnen wir natürlich nochmal ein paar Hasen…

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Die Fahrt nach Escalante führt durch eine schöne Landschaft.

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In Escalante wollen wir es jetzt aber nochmals genau wissen, ob wir den Burr Trail vielleicht doch fahren können. Man weiss ja nie, wo genau es geregnet hat und welche Strassen davon betroffen sind. Der Ranger im Visitor Center winkt allerdings ab – er würde die Strecke nach diesem Regen nicht empfehlen. Der Burr Trail sei schon befahrbar, aber nur der asphaltierte Teil. Danach gäbe es einen Wash, der vermutlich gar nicht zu durchqueren sei nach diesem Wetter.

Na gut, kein Weltuntergang – wir haben den Tag ja schon mit Ersatzprogramm angereichert. Die Kids turnen am Visitor Center rum, wir erledigen alle unsere dringenden Geschäfte, tanken das Auto voll und stocken unsere Vorräte an Snacks auf. Weiter geht’s auf der 12.

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Die Landschaft wird immer unglaublicher. Es ist einfach fantastisch hier. Klar, ich hab‘ gelesen, dass der Scenic Byway 12 einer der schönsten sei, aber die Realität ist einfach der Hammer. Leider wird der Genuss etwas getrübt: Jonas fühlt sich nicht fit und beim fahren der herrlich kurvigen Strasse beklagt er sich über Unwohlsein. Echt jetzt? Das macht ihm doch sonst nie was aus?

Beim Viewpoint verweilen wir ein paar Minuten, um zu sehen, ob’s durch die frische Luft besser wird. Die Aussicht hier ist einfach atemberaubend, ich könnte stundenlang hier stehen. Aber Jonas geht’s auch nach 10 Minuten nicht besser… da kommt mir eine Idee. Ich weiss, dass nicht weit von hier das Kiva Koffe House ist. Dort könnten wir etwas länger verweilen, bis Jonas wieder etwas besser beisammen ist.

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Vorsichtig fahren wir die letzten paar Meilen bis zum Koffee House. Die Landschaft ist immer noch umwerfend, hab‘ ich das schon erwähnt? Esther beschliesst, den jungen Mann auf der Auto-Rückbank schlafen zu lassen und auf dem Vordersitz ein Buch zu lesen. Währenddessen soll ich mit Anna mal im Koffee House etwas trinken und die Zeit vertreiben.

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Wir gönnen uns einen Erdbeer-Smoothie und einen für amerikanische Verhältnisse fantastischen Espresso. Wir studieren die Landkarte, welche auf dem Tisch aufliegt und betrachten die Gegend aus den Panorama-Fenstern. Die ist übrigens fantastisch, falls das jemandem entfallen sein sollte. 🙂

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Nach 20 Minuten taucht Esther mit Jonas auf. Ihm geht’s jetzt einiges besser. Er hat oberhalb des Cafés im Gebüsch neben dem Parkplatz etwas von seinem Morgenessen liegen gelassen, was offensichtlich geholfen hat. Jetzt gibt’s auch für den Rest der Familie noch ein Getränk und einen Muffin. Naja – für Jonas nicht, der soll seinen Magen erst mal beruhigen. Er wird sich im Laufe des Tages nochmals irgendwo übergeben müssen, allerdings zum Glück weder ins Auto, noch ins Hotelzimmer. Keine weiteren Details…

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Torrey

Weiter auf 12. Hammer! Echt jetzt, so eine Landschaft ist mir noch nie untergekommen. Was hab‘ ich eigentlich die letzten 14 Male in den USA angeguckt? Ich bin hin und weg.

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Ach übrigens: Unsere Karre.

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Irgendwann nach Mittag treffen wir in Torrey ein. Gleich rechts an der Strasse ist ein Visitor Center. Da fahren wir gleich mal hin um uns mit Kartenmaterial und vielleicht einer Restaurant-Empfehlung für den Abend einzudecken. Aber die Dame dort ist überhaupt nicht motiviert. Weder eine Empfehlung noch eine Karte… nur den Hinweis, dass es in der Nähe einen Nationalpark gäbe kriegen wir. Ach echt???

Es regnet, weshalb wir uns den Weg zum Capitol Reef National Park im Augenblick schenken. Erst mal im Hotel einchecken und etwas futtern.

Im Hotel wirkt die Empfangsdame wie wenn sie gerade aufgewacht wäre. Entweder ist sie unter Valium-Einfluss oder stockbetrunken – anders kann ich mir das rumnuscheln und das unmotivierte Getue nicht erklären. Einchecken geht nicht, ist schliesslich erst 13:30 und vor 15:00 geht das nicht. Sind hier eigentlich alle so desinteressiert…? Wenigstens gibt sie uns nach mehrmaligem Nachfragen einen Restaurant-Tipp: Das Red Cliff Restaurant.

Futter Entscheidung

Wir fahren zum empfohlenen Restaurant. Sieht von Aussen nicht nach viel aus, aber man soll ja ein Buch nicht nach seinem Einband bewerten.

Der Laden ist irgendwie seltsam. Wirkt wie eine Schulstube mit hellen Neonröhren. Aber wir sind müde und hungrig. Und wie immer, wenn wir müde sind, spinnen wir rum.

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Irgendwie ist hier in Torrey alles ein bisschen Gaga. Die Schnepfe von der Tourist Information, die Trulla im Hotel, und jetzt ist die Bedienung hier im Restaurant auch so eine seltsame Tante. Wir sind motiviert, die Nacht hier in Torrey ausfallen zu lassen und direkt nach Salt Lake City zu fahren. Es ist zwar weit, aber zu schaffen. Ich fange schon mal an, auf dem Handy Hotels rauszusuchen.

Das Essen ist gar nicht so schlecht, aber auch seltsam. Schon mal einen Burger mit Laugenbrötchen gesehen?

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Wir beschliessen, die Entscheidung, ob wir hier bleiben oder weiterfahren noch etwas zu verschieben. Wir wollen nämlich auf jeden Fall mal noch einen Blick in den Capitol Reef National Park werfen. Es regnet zwar immer noch, wodurch sich das Thema Wandern erledigt hat, aber wenigstens mal durchfahren und an Viewpoints anhalten wollen wir.

Capitol Reef

Im Park hört es nicht auf zu regnen. Wir besuchen kurz das Visitor Center, das erstaunlich gut besucht ist. Offensichtlich gibt es Leute, die nicht so regenscheu sind wie wir.

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Wir fahren einmal quer durch den Park hindurch und zurück. Bei schönem Wetter könnte man hier einiges unternehmen. So ist es einfach nur doof.

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Ohne nochmals anzuhalten fahren wir direkt zurück zum Hotel. Hier hat sich inzwischen die Welt komplett verändert. Wir werden äusserst höflich empfangen (von einer anderen Hotel-Angestellten als vorhin) und können unser Zimmer sofort beziehen. Man gibt uns sogar noch den Tipp, hinter dem Haus zu parken, weil es vom Seiteneingang aus näher zum Zimmer sei.

Das Zimmer ist klein und etwas abgewohnt, um nicht zu sagen schmuddelig. Aber für eine Nacht wird’s das wohl tun. Oder? Wir überlegen uns immer noch, nach Salt Lake City zu fahren. Aber aufgrund von Jonas‘ Gesundheitszustand lassen wir den Gedanken fallen. Wir sind zu diesem Zeitpunkt nicht sicher, ob er ernsthaft krank wird, oder ob es nur eine Magenverstimmung ist. Wie sich herausstellen wird, zum Glück nur letzteres, denn morgen ist Jonas wieder perfekt auf dem Damm.

Stattdessen besuchen wir kurz den Pool. Der hat definitiv schon bessere Zeiten gesehen. Hier passt die Beschreibung „schmuddelig“ auf jeden Fall. Deshalb sind wir auch nach 5 Minuten schon wieder zurück im Zimmer.

Auf ein richtiges Nachtessen haben wir keine Lust mehr. Wir besorgen uns im Tankstellenshop neben dem Hotel ein paar Chips und sonstige Snacks, die wir genüsslich bei Regen und TV im Zimmer verdrücken.

Hier geht’s weiter!