Sonntag, 19. Juli 2015: Las Vegas – Bryce Canyon City

Mesquite Diner

Die Macht ist immer noch stark mit dem Jetlag. So erwacht die tapfere Reisegruppe auf der dunklen Seite, nämlich um 03:30 Uhr.

Natürlich gibt’s im Hotel mal wieder nichts zu futtern um die Zeit – aber so richtig hungrig sind wir sowieso nicht. Wir beschliessen die frühe Stunde zu nutzen und ohne Verkehr ein paar Meilen zu fressen. Bevor wir aber losfahren, erkunden wir mal ganz genau alle Features unseres Autos, denn wir haben noch nicht gecheckt, wie das Abspielen der DVDs funktioniert. Auch das Navi wird richtig an die Scheibe gepappt und das Sonnendach ausprobiert. Die Koffer werden noch etwas umgepackt, so dass wir nicht immer alle 4 Koffer in’s Hotel schleppen müssen, sondern nur 2-3. Snacks haben wir genug dabei und so verlassen wir Las Vegas zu früher Stunde.

Gegen halb sechs Uhr fängt dann allerdings doch der Magen an, sich zu melden. Wir haben nicht mehr weit bis Mesquite und fahren da mal ab vom Interstate. TripAdvisor rät uns das „Peggy Sue’s 50s Diner“ zu besuchen. Wir kommen um 05:50 dort an und lesen an der Türe, dass erst um 06:00 geöffnet wird. Na gut, 10 Minuten warten liegt wohl drin. Aber das müssen wir gar nicht, denn von drinnen winkt uns eine junge Lady zu, wir sollen reinkommen. Das ist ja mal Service, extra wegen uns früher aufzumachen.

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Das Frühstück ist schmackhaft und mal etwas anderes als das übliche „corporate america“ 08/15 Frühstück. Auch der Service ist ausnehmend freundlich und interessiert. Allerdings fällt uns wieder auf, wie gut wir es doch haben – oder wie sehr sich die Amis ihres tollen Landes bewusst sind? Die blutjunge Serviererin fragt uns, wo wir hinfahren. Wir antworten mit „Bryce Canyon“. Worauf sie meint, dass sie noch nie da gewesen sei. Auch in Zion war sie nur ein einziges Mal mit der Schule auf einem Ausflug.

Falls das nicht klar ist: Der Zion Nationalpark ist gerade mal 90 Autominuten von Mesquite entfernt, Bryce Canyon ca. 3 Stunden…

Zedernbruch

Frisch gestärkt fahren wir weiter in Richtung Norden. Wir sind letztes Mal von Las Vegas her kommend über den Hwy 14 und 143 nach Panguitch gefahren – deshalb fahren wir dieses Mal etwas weiter nördlich auf dem Interstate 15 und verlassen ihn erst in Parowan, um mal den ganzen Hwy 143 zu fahren. Gerade zwischen Parowan und Brian Head soll der besonders schön sein. In Parowan haben wir ein paar kleinere Probleme, uns zurechtzufinden, denn in den letzten Tagen gab es hier Überschwemmungen und noch nicht alle Strassen sind geräumt vom Schlamm.

Tatsächlich ist der Hwy 143 recht schön, aber so viel toller als der 14er ist er nicht – man kann also locker in Cedar City abbiegen in Richtung Bryce Canyon. Die Strecke über den Hwy 20 (wird von Google Maps manchmal vorgeschlagen) bin ich übrigens auch schon mal gefahren vor ein paar Jahren – nicht der Rede wert, da sind der 14 und der 143 beide schöner… aber das nur am Rande.

Kurz nach Brian Head sehen wir etwas vertrautes: Cedar Breaks. Eigentlich hatten wir dieses National Monument gar nicht mehr auf dem Radar, nicht damit gerechnet, auch von dieser Seite her daran vorbeizukommen. Aber wo wir schon mal da sind, steigen wir kurz aus dem Auto und gucken runter. Zu weiteren Viewpoints fahren wir allerdings nicht, denn das haben wir ja schon 2013 erledigt und eigentlich wollen wir heute zum Red Canyon.

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Rein- und Rausfall

Die Strecke von Cedar Breaks hinunter bis Panguitch ist unbestritten wunderschön – und erstaunlicherweise nicht sehr stark befahren. Wir begegnen fast keinen anderen Autos. Nach einer Stunde biegen wir auf dem Parkplatz des Visitor Centers am Red Canyon ein. Am Rastplatz gibt’s erst mal eine kleine Stärkung, bevor wir loswandern.

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Im Visitor Center kaufen wir ein paar Mützen, denn wir haben gar keine vernünftigen Kopfbedeckungen dabei. Ausserdem wechseln die ersten paar Postkarten und Magnete den Besitzer.

Vom Visitor Center aus gibt es einen kurzen Loop, den „Hoodoo Trail“, welchen wir in Angriff nehmen. Allerdings sind wir nach 15 Minuten schon wieder zurück am Visitor Center, und so richtig „drin“ im Red Canyon waren wir nicht. Ein Reinfall? Nicht unbedingt, aber wir haben uns mehr erhofft.

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Wir beschliessen, den „Photo Trail“ zu versuchen. Der soll etwas anstrengender sein, dafür aber in die Höhe gehen. Alles ins Auto, Kofferraum zu, abfahren. Kurz nachdem wir in den Hwy 12 einbiegen passiert das unfassbare: Der Kofferraum öffnet sich und fängt sich an auf die Strasse zu entleeren. Worst case! Obwohl ich sofort bremse, sind die ersten Wasserflaschen, die rausgefallen sind etwa 50 Meter hinter unserem Auto – und von da an liegen alle paar Meter ein paar Habseligkeiten wie Rucksäcke, Decken etc. Zum Glück sind wir noch auf der Einspurstrecke und die vorbeifahrenden Autos sind durch uns nicht tangiert. Trotzdem – das ganze ist äusserst unangenehm und wir sputen uns, die ganzen Dinge zusammenzusammeln und wieder im Auto zu verstauen.

Nach 5 Minuten ist der ganze Spuk vorbei, aber wir sind alle wie gelähmt. Es dauert ein paar Minuten, bis wir wieder einigermassen klar denken können. Dass der Kofferraum eines Autos einfach so aufgeht, ohne dass vorher eine Warnlampe geleuchtet hätte – sowas ist uns noch nie passiert. Es muss sich ein Plastiksack oder eine Schnur im Schliessmechanismus verfangen haben, denn (und das sind die good news) das passiert uns den ganzen Rest des Urlaubs nicht mehr, da wir ab sofort sehr genau darauf achten, dass die Kofferraumtüre korrekt verschlossen ist.

Immer noch etwas ausser Atem biegen wir auf dem Parkplatz des Photo Trails ein und machen uns für die Wanderung bereit.

Adventure!

Während ich meine Trekking-Schuhe anziehe, meinen die Kids, dass sie mit den Crocs gut durchkommen werden. Auf der Wanderkarte aus dem Visitor Center steht zwar was von „gutes Schuhwerk wird empfohlen“, aber das sind halt die Amis. Die glauben auch in jeder Achterbahn 20 mal erwähnen zu müssen, dass man während der Fahrt nicht aussteigen soll…

Wir merken schnell, dass der Photo Trail es in sich hat. Es wird schnell ziemlich steil. Unsere Schuhe halten, aber die Kinder rutschen mit ihren Crocs nur so rum.

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Anna zieht schliesslich nach ein paar Metern die Crocs ab und geht von da an barfuss.

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Jonas zieht den ganzen Weg bis oben mit den Crocs durch, sieht dann aber doch ein, dass es am steilen Hang zu gefährlich ist, mit Schuhen ohne jegliches Profil unterwegs zu sein – auch er ist ab sofort barfuss unterwegs.

Ohne die störenden Plastik-Füsse, ist der Halt am Berg plötzlich fantastisch. Ich muss an dieser Stelle vielleicht erwähnen, dass die Kids zu Hause sehr oft barfuss unterwegs sind und deshalb ein paar kleine, spitze Steine für sie kein Problem sind – einem untrainierten Erwachsenen würde ich dringend davon abraten, sich ohne Schuhe im Red Canyon zu bewegen.

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Beflügelt von den neuen Möglichkeiten der Bewegung, möchte Jonas unbedingt einen anderen, steileren Weg für den Rückweg einschlagen. Er nennt dies den „Adventure“-Weg. Warum nicht? Wir sind hier, um etwas zu erleben, eben genau dieses „Adventure“ – und so wagen wir uns auf den steileren Rückweg.

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Ein paar Stellen sind so steil, dass ich schlicht nicht stehen kann, und ein paar Meter auf dem Hosenboden rutschend überwinden muss. So what – es macht einen riesen Spass und wir kringeln und vor Lachen, während die anderen Familienmitglieder am rumrutschen sind. Eben ein echtes Abenteuer. 🙂

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Zurück im Auto sind wir alle gelöst und entspannt. Das Malheur mit dem Kofferraum von vorhin ist schon komplett vergessen.

Arches

Das Wetter scheint bald schlechter zu werden – am Horizont sind dunkle Wolken zu sehen. Aber wir sind gerade so gut drauf und haben so viel Spass, dass ich der Familie vorschlage, noch eine kurze Wanderung zu machen. Den Arches Trail. Esther ist etwas kritisch, aber die Kinder sind Feuer und Flamme.

Über eine kurze Offroad-Strecke fahren wir zum Parkplatz des Trailheads. Dort besteigt gerade eine Gruppe ihre Pferde, um einen Ausflug in den „Loose Canyon“ zu starten. Der Geruch der Pferde ist auch Minuten nachdem die Gruppe weg ist noch zu riechen. Anna freut sich, der Rest der Familie rümpft die Nase…

Weil’s vorhin so gut geklappt hat, will Anna den ganzen Weg barfuss gehen. Wir versuchen sie davon abzubringen, aber sie findet, dass es ihr so viel besser gefallen würde. Selbst als wir Dinge wie Kakteen und Schlangen erwähnen, ist sie überzeugt, ohne Schuhe besser dran zu sein. Wir hatten ihr vor 2 Jahren mal erzählt dass Schlangen mehr Angst vor ihr hätten, als umgekehrt. Daran erinnert sie sich natürlich ausgerechnet jetzt… Na gut. Wir packen die Crocs vorsichtshalber mal in den Rucksack, werden sie aber die ganze Zeit über nie auspacken müssen.

Der Arches Trail liegt etwas abseits, weshalb sich nicht viele Wanderer hierher verirren. Wir treffen auf dem ganzen Weg nur ein einziges Paar aus Frankreich an. Die freuen sich, dass ausgerechnet hier jemand auch ein paar Brocken Französisch kann.

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Der Weg ist wunderschön, nicht sehr anstrengend, und die „Arches“ die dem Trail seinen Namen geben, sind wirklich nicht zu verachten. Klar, mit den grossen Bögen im gleichnamigen Nationalpark können sie nicht mithalten, aber dafür haben wir die Dinger ganz für uns alleine.

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Während wir oben stehen, sind die dunklen Wolken schon recht viel näher gerückt. Es bleibt immer noch schwer, abzuschätzen, wie lange es noch dauern wird, bis es regnet. Wir nehmen uns aber beim Rückweg nicht mehr so viel Zeit, sondern beeilen uns, schnell zum Auto zurückzukommen.

Hotel & Pool

Nach ein paar Minuten im Auto sind wir schon in Bryce Canyon City. Wir haben uns wieder für das Bryce Canyon Grand Hotel entschieden, weil es hier Zimmer mit Sofabett gibt, das Frühstücks-Buffet uns letztes Mal überzeugt hat und der Pool den Kindern gefallen hat.

Der Check-In geht schnell, obwohl wir etwas zu früh sind. Rauf auf’s Zimmer, Koffer abstellen, ab in den Pool. Der Regen ist noch nicht da, aber wir rechnen jeden Augenblick damit, denn der Himmel ist zappenduster und es geht ein ordentlicher Wind.

Am Pool ist nicht viel los. Ausser uns sind noch drei Teenager da, die genug mit ihren Hormonen zu kämpfen haben, als dass sie unsere Anwesenheit wahrnehmen würden. Sind zwei Jungs und ein Mädel – get the point?

Die Kids toben im Pool rum, wie wenn wir heute noch nichts getan hätten. Keine Ahnung, wo die Energie herkommt. Nach 30 Minuten im Pool fallen dann doch die ersten Tropfen und wir flüchten in’s Zimmer.

Grill oder Pizza?

Während es draussen regnet und stürmt, verbringen wir etwas Zeit im Zimmer: Postkarten und Tagebuch schreiben, Fernsehen und ein Restaurant für das Nachtessen raussuchen. Denn eines ist klar: In den Laden gegenüber, das Ruby’s Inn, wollen wir nicht. Da war uns letztes Mal der Service zu unfreundlich, die Auswahl zu schwach, das Essen zu schlecht und die Preise für das Gebotene zu hoch.

Nach ein paar Minuten TripAdvisor-Studium komme ich mit einem Vorschlag: Das „Stone Hearth Grille“ in Tropic. Die machen zwar erst um 18 Uhr auf und es ist knapp nach 17 Uhr, aber der Hunger ist gross und wir fahren einfach mal los. Der Weg führt in Tropic in eine Seitenstrasse hinein, die nach kurzer Zeit nicht mehr asphaltiert ist. Aber unser Navi führt uns Zielsicher zum Stone Canyon Inn. Da gibt’s nicht nur das Restaurant, sondern auch ein paar Zimmer zum Übernachten. Für uns natürlich mangels Pool keine valable Option, obwohl das Haus einen sehr gemütlichen Eindruck macht.

Wir betreten das Restaurant, und werden sofort von einem Mitarbeiter empfangen, der uns empfiehlt, bis 18:00 die Speisekarte zu studieren. In’s Restaurant reinsetzen dürfen wir uns noch nicht. Einen Blick in den Speisesaal können wir aber schon erhaschen und es sieht verdammt nobel aus: Weiss gedeckt mit vielen Gläsern und Besteck. Es sieht aus wie ein gutes europäisches Restaurant.

Auf der Bank vor dem Restaurant arbeiten wir uns durch die Speisekarte. Das Angebot liest sich fantastisch, aber die Preise sind am oberen Ende der akzeptablen Skala. Ausserdem finden wir auf der ganzen Karte nicht ein einziges Menü, welches unseren Kindern zusagen könnte. Schweren Herzens beschliessen wir, woanders hinzugehen. Wir essen gerne gut und zahlen auch gerne einen angemessenen Preis dafür, aber wenn die Kids nichts essen können, dann hilft das alles nichts.

Ich hab‘ in einigen Reiseberichten über ein Pizza-Restaurant in Tropic gelesen und das kommt mir jetzt wieder in den Sinn. Und tatsächlich, an der Hauptstrasse entdecken wir nach kurzer Zeit das „Pizza Place“ – was für ein fantasieloser Name…  Aber was soll ich sagen: Die Pizza schmeckt dort sehr gut. Ich würde ja sagen, die beste Pizza des Urlaubs, aber die haben wir noch vor uns… 🙂

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Bryce

Wir sind hierher gekommen, weil wir beim letzen Besuch am Bryce Canyon keine Zeit hatten, den Red Canyon richtig zu erleben. Das haben wir jetzt getan. Aber wenn wir schon mal hier sind, können wir nicht einfach wieder davonrauschen, ohne wenigstens einen kurzen Blick in den Bryce Canyon geworfen zu haben. Wir fahren deshalb von Tropic aus direkt in den Nationalpark. Allerdings schläft Jonas auf dem Weg im Auto ein und es ist ziemlich mühsam, ihn für den kurzen Weg bis zum Rim wieder hochzupäppeln und zum gehen zu bewegen. Alleine im Auto lassen ist ja leider keine Option, auch wenn wir das in der Schweiz ohne Probleme gemacht hätten… hier in den USA kriegt man für sowas richtig Ärger. Deshalb bleibt es auch dabei, dass wir nur kurz am Sunrise Point anhalten, runtergucken und zurück zum Auto marschieren.

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Ich weiss gar nicht, warum man den Punkt „Sunrise Point“ getauft hat, bei Sonnenuntergang sieht der doch auch super aus…

Wir fahren zurück in’s Hotel und sind nach ein paar Minuten alle im Traumland.

Hier geht’s weiter!